Samstag, 28. April 2012

Was ist Kreationismus?

Spätestens seit Kopernikus die Erde entgegen aller sinnlichen Erfahrung um die Sonne kreisen ließ, gibt es keine unmittelbar empirische (Natur-)Wissenschaft mehr. Und spätestens seit Kant wissen wir, dass Galileos "Buch der Natur" seine Gesetze nicht exegetisch, sondern eisegetisch preisgibt: sie werden nicht heraus-, sondern hineingelesen.
Die Naturwissenschaft steht damit vor einem Problem, das die Geisteswissenschaft nicht kennt: Um sinnvolle und vor allem zutreffende Aussagen tätigen zu können, muss sie die Kluft zwischen forschendem Geist und erforschter Materie, zwischen praktizierter Eisegese und angestrebter Exegese überwinden. Anders: Sie muss voraussetzen, dass die Natur als wissenschaftlicher Gegenstand auf irgendeine Art und Weise Geist ist.

Ein Materialismus, wie Richard Dawkins ihn beispielhaft vertritt, geht davon aus, dass der Geist aus der Materie hervorgeht (in seinem "Gotteswahn" führt er diesen Punkt explizit auf). Damit nun der menschliche Geist die Materie, die ihm als Natur begegnet, begreifen kann, muss diese also auf irgendeine Weise auch Geist sein. Am einfachsten kann das mit der Annahme gedacht werden, dass die Materie, die der menschliche Geist erfassen kann, von einem noch größeren Geist geordnet, d.h. ver-geistigt wurde. Ein konsequent gedachter Materialismus kommt damit nicht ohne die Voraussetzung eines Demiurgen aus, d.h. eines Handwerkers, der die Materie in irgendeinem Sinn ordnet, ihr also irgendeinen Geist gibt.
Weiterhin: Aus dieser Annahme folgt, dass es Materie gibt, die nicht auf irgendeine Art und Weise Geist ist und die folglich auch nicht durch den menschlichen Geist verstanden und begriffen werden kann. Der Demiurg nimmt dabei eine Mittelposition ein: Als Geist, der die Materie ordnet und ver-geistigt, kann er begriffen werden. Was darüber hinausgeht, entzieht sich aber dem menschlichen Verständnis, da seine eigene Herkunft nicht nachvollziehbar sein muss; schließlich entstammt er der Materie, die nicht Geist ist. Vielleicht (oder wahrscheinlich?) kann er seine Herkunft ebenfalls nicht erklären geschweige denn begreifen.
Es wäre natürlich auch denkbar, dass die Herkunft des Demiurgen auf einen noch größeren Geist, d.h. einen Demiurgen-Erschaffer verweist, der wiederum von einem noch größeren erschaffen wurde und so weiter bis in den infiniten Regress. Diesen Ansatz halte ich aber für eine nur schlecht kaschierte Absage an den Materialismus, da hierbei dem anfangs postulierten Verhältnis von Materie und Geist - "Geist geht aus Materie hervor" - widersprochen wird und beide in unendlicher und damit geichberechtigter Wechselwirkung stehen.

Der springende Punkt: Eine so verstandene und praktizierte Naturwissenschaft bedeutet Schöpfungswissenschaft. Erforscht wird nicht die Materie selbst, sondern der Schöpfergeist des Demiurgen, der dahinter steht. Dafür gibt es einen latinisierenden Ausdruck: Kreationismus.

Samstag, 14. April 2012

Ein bisschen Ontologie?

Es gibt die Unterscheidung zwischen "Sein" und "Nichts", und die kann man sich - als Analogie wohlgemerkt - durchaus binär vorstellen: 0 - "Nichts"; 1 - "Sein". Aus dem Nichts kann kein Sein kommen, so wie eine Multiplikation mit 0 immer wieder 0 ergibt, egal was mit 0 multipliziert wird.

Die Frage ist freilich, ob man nun zwingend einen "Schöpfer" braucht, was allerdings die Debatte nach sich zieht, was man sich unter einem "Schöpfer" vorzustellen hat.