Sonntag, 29. November 2020

Postmoderne Pirouetten: Pythagoreer und Platoniker während der Pandemie

Die historischen Anhänger des Pythagoras gründeten ihre (letzten Endes esoterische) Weltanschauung auf ein ontologisches Prinzip, das gerne als "die Welt ist Zahl" oder "alles ist Zahl" wiedergegeben wird. Der große Wurf des Pythagoreismus als philosophischer Ansatz besteht darin, die sichtbare Welt als Verhältnis von Zahlen darlegen zu wollen. Wichtig dabei allerdings: Es geht immer und ausschließlich um das Verhältnis der richtigen Zahlen, und das meint schlichtweg positive ganzzahlige Verhältnisse. Die Menge der natürlichen Zahlen steht am intuitiven Anfang einer jeden wie auch immer gearteten Mathematik (Arithmetik, Geometrie, Algebra, Astronomie, Harmonik, ...), und sie beschreibt die Menge der positiven ganzen Zahlen. Nicht-ganzzahlige Werte wurden pythagoreisch gedacht traditionell nur eingeschränkt akzeptiert, und bis heute hat sich dieser Zug in der Mathematik als die Menge der rationalen Zahlen gehalten: Deren Symbol ist ein Q, und das steht für Quotient, d.h. Bruchzahl. Rationale Zahlen sind solche Zahlen, die als Bruch zweier ganzer Zahlen beschrieben werden können. Besonders problematisch aus pythagoreischer Perspektive sind die sog. irrationalen Zahlen, also "reelle" Zahlen (das sind alle Zahlen, die auf einem Zahlenstrahl markiert werden können), die sich nicht als ganzzahliger Quotient darstellen lassen: Am berühmtesten sind hierbei die "Kreiszahl" Pi (Verhältnis von Umfang und Durchmesser eines Kreises) sowie die Wurzel von 2 (Diagonale eines Quadrats mit der Kantenlänge 1); beide waren bereits den historischen Pythagoreern bekannt und wurden von diesen mehr oder minder radikal abgelehnt. Anders formuliert: Aus pythagoreischer Perspektive ist die Menge der irrationalen Zahlen unverhältnismäßig.

Samstag, 31. Oktober 2020

#HalloweenIstKatholisch

Halloween ist der Abend vor dem katholischen Hochfest Allerheiligen, das seit dem 9. Jahrhundert in der gesamten lateinischen Westkirche am 1. November liturgisch gefeiert wird. In Verbindung mit dem Allerseelenfest, das seit dem 10. Jahrhundert am 2. November begangen wird, verweist es auf die letzten Dinge, d.h. auf die Seelen, die bereits ihre Vollendung gefunden haben (Heilige im Himmel) bzw. die noch darauf vorbereitet werden (Verstorbene im Purgatorium). Der Abend vor Allerheiligen, von dem das Wort "Halloween" (All Hallow's Eve) abgeleitet ist, markiert dabei den liturgischen Beginn dieses Festes, der mit einer Vesper begangen wird. 

Das moderne Brauchtum, das mit dem Begriff Halloween verbunden wird, entstammt der  Volksfrömmigkeit irisch-katholischer Einwanderer in die USA aus dem 19. Jahrhundert und hat seitdem den Sprung in die us-amerikanische Säkularkultur geschafft. 

Deswegen versucht vor allem der weiße, angelsächsische Puritanismus, Halloween als satanisch zu diskreditieren. Hierzu wird der neuheidnische Mythos einer angeblichen Kontinuität zu vorchristlich-keltischem Brauchtum bemüht. Dieser Mythos wiederum entstammt einem Geschichtsbild des 19. Jahrhunderts, dem wir auch die Comicfigur Asterix zu verdanken haben, weil es moderne Staaten ganz naiv mit antiken Volksgruppen und Stämmen gleichsetzt. 

Sonntag, 12. Juli 2020

Nach Grübeln kommt Enttäuschung

Frei heraus gesprochen bin ich enttäuscht über die theologischen und spirituellen Antworten, die während dieser Pandemie bislang so in die Breite abgegeben wurden bzw. über das weitgehende Fehlen solcher Antworten. Lichtblicke habe ich ganz am Anfang gesehen in der öffentlichen Kommunikation mancher Bistümer und im Verlauf des Ganzen dann in den Aktivitäten von Einzelnen. Ganz besonders enttäuschend empfand und empfinde ich allerdings jene Gruppen, die sich sonst (?) als dezidiert "kirchentreu" geben (wollen), darunter ganz besonders die "Traditionalisten". Es ging (geht) für mein Empfinden zu viel um z.B. kirchenrechtliche Spitzfindigkeiten; so bspw. darüber, wer jetzt konkret unter welcher Jurisdiktion steht und an welche Anweisungen gebunden ist, oder ob die Bischöfe im Verbund dies und jenes jetzt wirklich so kirchenrechtlich eindeutig entscheiden dürfen etc. Kurzum: M.E. sind gerade diejenigen, die in anderen Fällen oft bemängeln, dass die Bischöfe nicht durchgreifen würden, sprichwörtlich auf die Barrikaden gestiegen, eben weil die Bischöfe (inkl. des Bischofs von Rom) hier mal klare Ansagen gegeben haben. Dabei ist das gar nicht einmal das Problem, das ich an dieser Stelle habe, denn schließlich ist die inhärente Teilhabe am Widerspruch (ursprünglich zwischen Sein und Nichts, d.h. zwischen existenzieller Unmittelbarkeit und essentieller Nicht-Kategorisierbarkeit) in der nachhegelianischen Welt ein Gradmesser für die Wirklichkeit, die ein Sachverhalt an sich und in sich besitzt. Was mich an der ganzen Sache wirklich stört, ist die fehlende theologische Tiefe oder oftmals auch das Fehlen überhaupt einer theologischen Perspektive, eine bei allem Schießen gegen die Bischöfe (und damit eigentlich gegen die institutionalisierte Kirche) letzten Endes ausbleibende spirituelle Antwort auf die Pandemie. Anstatt einer durchaus legitimen, und vielleicht auch wirklich notwendigen, anderen Geschmacksrichtung im Katholischen zusätzlich zur offiziell-institutionellen kirchlichen Antwort nehme ich zur Zeit viel mehr ein ausgeprägtes Partisanentum wahr: In der deutschsprachigen Kirche an der groben Ausrichtung für/wider den synodalen Weg - ganz so, als hätten die Bischöfe jegliche Autorität verspielt, weil sie auch hier ihre eigene Autorität in die Waagschale legen und sich dabei gar "dem Staat unterwerfen". Im anglo-amerikanischen Umfeld an der groben Ausrichtung für/gegen Trump - ganz so, als wäre die Entscheidung zu seinen Gunsten alternativlos, weil er mit dem Thema Abtreibung nun das eine Wahlkampfthema gefunden hat, mit dem er die "religiöse Rechte" füttern und ruhig stellen kann, weswegen sich da die Kirche gewissermaßen ruhig mal "dem Staat unterwerfen" könne oder solle. Und so verläuft mitten durch die Kirche ein Riss zwischen den Extrempunkten new left und alt right, hüben wie drüben in den jeweils kulturspezifischen Ausprägungen, allerdings mit ähnlichen Bezügen auf Karl Marx (new left) und C.G. Jung (alt right). Das wiederum nicht notwendig explizit oder formal, sondern durchaus implizit und inhaltlich, insofern grundlegend alles auf sozio-ökonomische Umstände (sprich: institutionalisierte Macht und Gewalt) oder psychologische Dispositionen (sprich: bewusste und unbewusste Archetypen) reduziert wird bzw. werden soll. Und hier setzt sich wohl auch innerhalb der Kirche ein Narrativ des othering durch, demnach stets die anderen Probleme nicht mehr nur haben oder machen, sondern mehr und mehr das Problem sind.

Samstag, 23. Mai 2020

The Epicurean paradox

David Hume:
Epicurus’s old questions are yet unanswered. Is he willing to prevent evil, but not able? then is he impotent. Is he able, but not willing? then is he malevolent. Is he both able and willing? whence then is evil? 

Discuss.

Freitag, 7. Februar 2020

Necessary clarifications

Being gay can't be considered a sin, simply because it's not even clear what "being gay" means in the first place. Does it refer to a specific biological inclination? Does it mean a particular psychological experience? Is it meant to signify a concrete sociological action? All of the above? Nothing of the above, but something else? Unless this isn't clarified, saying that "being gay is a sin" is nothing but a rallying cry appealing to identity politcs. It's that simple.

Donnerstag, 9. Januar 2020

Re: Buddhism

 Buddhism isn't just a "philosophical way of life":

  • According to the South Asian tradition, it is a nastika ("non-orthodox", i.e. not accepting the Veda as authoritative) darshana (vision of the divine, glimpse of the numinous).
  • According to the East Asian tradition, it is part of the sanjiao (three teachings), an aggregation of belief systems undergirding the stability of the Chinese empire and by extension the whole world.