Samstag, 30. Juli 2022

Lebensschutz: Abtreibung

Zum Herz-Jesu-Fest am Freitag, den 24. Juni 2022 gab es zwei politische Erdbeben, die gegensätzlicher nicht hätten sein können: Zunächst legte Deutschland vor, und zwar mit der Abschaffung des Paragraphen 219a StGB durch die seit Dezember 2021 regierende Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP, womit fürderhin Werbung für Abtreibung erlaubt sein wird. Etwas später am selben Tag zog dann der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten von Amerika (SCOTUS) nach, indem er die beiden Urteile Roe v. Wade und Planned Parenthood v. Casey kippte, welche 1973 bzw. 1992 ein Recht auf Abtreibung aus der US-Verfassung abgeleitet hatten. Die Kompetenz zur Gesetzgebung über Abtreibung fällt damit von der Bundesebene an die Staaten.

Parteipolitische Kritik hierzu war an diesem Tag schnell bei der Hand: Die Ampel-Regierung habe den Turbo gezündet, um Werbung für Abtreibung zu ermöglichen, es aber nicht fertiggebracht, eine allgemeine Impfpflicht zur Bekämpfung einer globalen Pandemie mit (Stand Juni 2022) über 140.000 Toten alleine in Deutschland durchzusetzen. Die links-gelbe Fortschrittskoalition strebe darum gar nicht danach, die Situation der Menschen zu verbessern, sondern habe ganz andere Interessen. SCOTUS wiederum sei gekapert worden von der Partei der Republikaner, deren letzter Präsident alleine drei der aktuell neun Richter ernannt und damit die aktuellen Mehrheitsverhältnisse in dieser Institution überhaupt erst geschaffen hat. Die Ernennungen seien wiederum aufgrund von politischen Interessen erfolgt, die gar nicht auf den Schutz von Menschen zielen, sondern rein auf die Ausübung von Macht und Kontrolle, um sich so den Staat insgesamt zur Beute zu machen; daher sei der Gerichtshof ab sofort illegitim.

Eine Diskussion um diese Vorwürfe kann man freilich führen. An dieser Stelle habe ich jedoch kein Interesse daran, und es scheint mir auch allgemein besser, man nähme in diesen Auseinandersetzungen vom Partisanentum Abstand. Das verbindende Thema zwischen den beiden Sachverhalten ist viel zu ernst, um in partei-politischem Gerangel ausgetragen zu werden. Es bedarf viel mehr einer sorgfältigen Differenzierung, die einerseits Bezug zu konkreten Traditionen nimmt, sich aber andererseits nicht einer einzigen Gruppe unhinterfragt ergibt. Um eine solche Differenzierung soll es jetzt gehen: sine ira et studio, beginnend im vor-politischen Raum.

Ganz grundlegend müssen dazu beim Thema "Abtreibung" drei Aspekte voneinander unterschieden werden: Ein ethisch-philosophischer Aspekt, ein politisch-juristischer Aspekt, sowie ein gesellschaftlich-kultureller Aspekt.