Donnerstag, 22. Juni 2017

Über den Zweck von Religion

Der Zweck von Religion als historischem Phänomen liegt - analog zu den historischen Phänomenen Wirtschaft, Gesellschaft, Politik und Kultur - in der Verarbeitung der menschlichen Kontingenzerfahrung: In der Wirtschaft geschieht das über die Allokation von Gütern, in der Gesellschaft über soziales Handeln, in der Politik über die Beantwortung gemeinschaftlicher Fragen und in der Kultur über die Herstellung von Artefakten. In der Religion vollzieht es sich über den Bezug auf ein Unverfügbares, ein Absolutum.

Es sind dies (die) fünf Grundvollzüge menschlicher Geschichtlichkeit, und sie lassen sich einerseits jeweils nicht aufeinander reduzieren, andererseits aber auch nicht strikt voneinander trennen - wohl lassen sie sich aber aufeinander bezogen voneinander unterscheiden. Zudem hängen sie prozesshaft miteinander zusammen: Das Unverfügbare findet der Einzelne immer schon vor, und sein Handeln resultiert in einem Artefakt. 

So viel zum deskriptiv darstellbaren Zweck der Religion. Daneben lässt sich natürlich auch noch ein normativer Zweck identifizieren:

Montag, 5. Juni 2017

Das Drama der menschlichen Todesfurcht


Der Abendländer kennt ein Bonmot, das Chilon von Sparta, einem der sieben Weisen des alten Griechenland, zugeschrieben wird:

De mortuis nil nisi bene
- "Über die Toten nur (wörtl.: nichts, wenn nicht) Gutes"

Zugleich ist der Abendländer natürlich des römischen Rechts eingedenk, in dem sich der Grundsatz findet:

Audiatur et altera pars
- "Auch die andere Seite soll gehört werden"

In der Gegenüberstellung beider Sentenzen steckt nun das ganze Drama der menschlichen Todesfurcht: