Montag, 9. September 2013

Was bedeutet "christlich-demokratisch"?

 - Versuch einer Wesensbestimmung -

Omnis definitio negatio est - Jede Definition (wörtlich: Ausgrenzung) ist Verneinung. In diesem Sinne sollen zunächst zwei Missverständnisse ausgeräumt werden, um darzustellen, was "christlich-demokratisch" nicht bedeutet.

  • "Christlich-demokratisch" bedeutet nicht "demokratisches Christentum". Es geht nicht darum, theologische, religiöse oder Glaubensangelegenheiten dem politischen Entscheid zu unterwerfen. 
  • "Christlich-demokratisch" bedeutet weiters nicht "Klerikalismus". Es geht nicht darum, politische Angelegenheiten unter den Vorbehalt religiöser Institutionen zu setzen.

"Christlich-demokratisch" heißt:

(a) den allgemeinen und freien Entscheid als geeignetstes Mittel im politischen Prozess anzusehen, um die Verantwortung der beteiligten Menschen in den Diskurs zu überführen, und

(b) sowohl dieses Mittel als auch den politischen Prozess selbst als auch die Verantwortung der beteiligten Menschen aus einem Menschenbild abzuleiten, das die Würde und das Ansehen als Person unverrückbar anerkennt.

Es bedeutet also, das demokratische Gemeinwesen von einem im weitesten Sinne christlichen Hintergrund aus zu begründen, zu begreifen und zu gestalten.

Montag, 26. August 2013

Weltbilder natürlich erklärt

Den heliozentrischen Kosmos zum Proto-Atheismus zu stilisieren ist nichts als fromme Legende. Auch im Heliozentrismus bewegen sich die Körper (zunächst) nicht selbst, sondern die Sphären; die Differenz zum Geozentrismus besteht lediglich in der Anordnung der Sphären. Erst mit der Einführung des Äthers bewegen sich dann die Körper selbst.

Aber die heliozentrische Wende lässt sich ja durchaus auch sozialgeschichtlich erklären:

Dienstag, 13. August 2013

Die Gotteshypothese

Nach einigem Überlegen kann und muss ich sagen: Auch ich verwerfe die Gotteshypothese. 

Bitte sacken lassen.

Es gibt da einen schönen Cartoon, der sich wunderbar als Aufhänger für eine Begründung eignet; ich vermute mal, er ist hinlänglich bekannt.

Sonntag, 11. August 2013

Moral ist ein menschengemachtes Konzept

Moral ist ein Produkt des Essens der Frucht vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Der Mensch hat sich diese Frucht genommen, um seine eigenwilligen Ziele zu verfolgen, und wurde deswegen aus dem Paradies vertrieben.
Vor dem Essen der Frucht lebte der Mensch nicht in Unkenntnis, denn er wusste, dass das Essen der Frucht verboten war. Man mag durchaus stichhaltig ins Feld führen, dass der Mensch nicht wissen konnte, ob das Essen der Frucht intrinsisch gut oder böse war. Der Mensch kannte jedoch definitiv die Konsequenzen des Essens der Frucht: "sobald du davon isst, wirst du sterben" (Gen 2,17 - Anm.: Soviel zum Funktionieren konsequentialistischer Ansätze). Hätte der Mensch keinerlei Kenntnis gehabt, so hätte es für die Schlange keinerlei Notwendigkeit gegeben, den Menschen zu überreden.

Samstag, 10. August 2013

Hegel, der Gottesbeweis und die Existenzphilosophie

Vor Hegel war ein Widerspruch etwas, das einer Möglichkeit die Wirklichkeit abgesprochen hat. Die Wirklichkeit galt als in sich widerspruchsfrei, und so musste auch alles sein, das Anteil an der Wirklichkeit haben soll. So galt auch der Widerspruch als lediglich im Denken existent, nicht aber in einem Ding selbst.
Hegel nun hat den Widerspruch in das Ding selbst verlegt: Die existenzielle Unmittelbarkeit ist das Sein, in ihrer Unbestimmtheit ist sie aber gleichzeitig das Nichts. Das ist der innere Gegensatz der Wirklichkeit, und alles, was an dieser existenziellen Unmittelbarkeit Anteil hat, hat auch Anteil an diesem inneren Gegensatz. Daraus folgt: Je größer der Anteil eines Dings an diesem inneren Gegensatz, desto größer ist seine Wirklichkeit.
Ein Gott hätte nach der hegelschen Logik und Seinslehre daher umso größere Wirklichkeit, je größer sein Anteil am inneren Gegensatz zwischen Sein und Nichts ist.
Ein Gutes hätte nach der hegelschen Logik und Seinslehre folglich die größte Wirklichkeit, wenn es dem Nicht-Guten Raum lässt.
Gemäß der hegelschen Logik und Seinslehre wäre also die Theodizee ein Gottesbeweis insofern sie auf einen bestehenden Widerspruch verweist.

Der Knackpunkt: ex contradictione sequitur quodlibet - Aus dem Widerspruch folgt das Beliebige. Hier ist der Ankerpunkt der Existenzphilosophie, die absurde Welt zu behaupten. Essentiell bedeutet das: Voluntarismus als einzige Möglichkeit. Voluntarismus, das ist: Will-kür, d.h. die Wahl des Willens. Anders formuliert: "zur Freiheit verdammt." Unser einziger Weg hin zum Willen ist wiederum die Vernunft.
Was uns also als Weg aus der Welt des hegelschen Gegensatzes und der existenzialistischen Absurdität bleibt? Das "sowohl ... als auch" - das vollständige Eintreten in den Gegensatz und Inkaufnehmen der Absurdität.

Montag, 5. August 2013

Zur Transsubstantiation

"Real" in "Realpräsenz" bezieht sich nicht auf alte spanische Münzen, sondern es heißt, dass die Substanz sich nicht nur in meinem Kopf oder "spirituell" wandelt, sondern ganz dinglich und unabhängig von meiner sinnlichen Wahrnehmung. Wenn ich meine Butterbrezel mit einer Münze bezahle, dann gehe ich davon aus, objektiv Geld auf den Tresen zu legen - sub specie metalli, wie man hinzufügen sollte, schließlich umfasst der Glaube an Geld auch andere Akzidenzien, von bedrucktem Schnittpapier bis hin zu Manipulationen auf einer Magnetscheibe. Da Geld sub specie metalli erstens nicht sofort nach der Wandlung dem entsprechenden Zweck zugeführt wird und zweitens den entsprechenden Zweck mehrfach erfüllen kann - es wird ja nicht konsumiert, sondern schlicht weitergereicht -, ergibt sich freilich die Notwendigkeit, die Unterscheidung zwischen gewandeltem und nicht gewandeltem Metall etwas spezifischer zu gestalten als beim Heiligen Messopfer, mit dem ja in der Regel direkt nach der Wandlung kommuniziert wird. Für gewöhnlich geschieht dies beim Geld mittels eines Siegels der entsprechenden Instanz, damit klar ist, dass da eine glaub-würdige Stelle die Wandlung vollzogen hat.

Freitag, 12. April 2013

Der biblische Skeptiker

In seiner Predigt zur Possess der Laterankirche am 7. April 2013 kam Papst Franziskus auf den "ungläubigen" Thomas zu sprechen:

Im heutigen Evangelium macht der Apostel Thomas eigens die Erfahrung der Barmherzigkeit Gottes, die ein konkretes Gesicht hat, das Gesicht Jesu, des auferstandenen Jesus. Thomas traut nicht dem, was die anderen Apostel ihm sagen: "Wir haben den Herrn gesehen"; es genügt ihm nicht die Verheißung Jesu, der angekündigt hatte: Am dritten Tag werde ich auferstehen. Er will sehen, will seine Finger in die Male der Nägel und seine Hand in Jesu Seite legen. Und was ist die Reaktion Jesu? Geduld: Jesus lässt den eigensinnigen Thomas in seiner Ungläubigkeit nicht fallen; er gibt ihm eine Woche Zeit, verschließt nicht die Tür, sondern wartet. Und Thomas erkennt seine Armseligkeit, seine Kleingläubigkeit. "Mein Herr und mein Gott": Mit diesem einfachen, doch glaubensvollen Ruf antwortet er auf die Geduld Jesu. Er lässt sich von der göttlichen Barmherzigkeit umfangen, sieht sie vor sich in den Wunden der Hände und der Füße, in der geöffneten Seite, und gewinnt das Vertrauen zurück: Er ist ein neuer Mensch, nicht mehr ungläubig, sondern gläubig.

Thomas ist also gerade kein Skeptiker, sondern er glaubt. Seine Verfehlung besteht darin, dass er seinen Brüdern im Apostelkreis nicht glaubt, denn vom Herrn selbst akzeptiert er schließlich das Zeugnis.

Samstag, 2. Februar 2013

Rainer Brüderle und das Himmelreich

Eines finde ich bei aller Empörung und allem Aufschreien ganz geschickt: So wie Guido Westerwelle 2009 als polarisierende Figur den Wahlkampf angeführt hat, so ist jetzt Rainer Brüderle als Spitzenkandidat an die Front getreten. War es bei Westerwelle noch die soziale Kälte und das Image als sozialdemokratischer Albtraum und Kinderschreck, so ist Brüderle der Ladykiller-Schrägstrich-Gockel. Der Wahlkampf wird so wieder personalisiert, und das bringt der FDP mehr Sympathien als irgendwelche abstrakten Programmdiskussionen. Zumal Brüderle ohnehin der Kopf hinter den "Brot und Butter"-Themen im freidemokratischen Wahlkampf war bzw. ist, der die Wähler "ganz persönlich im Blick" hat. Denn mal ehrlich: Wer hat denn noch nicht geflirtet? Soll das denn plötzlich verboten werden? Komplimente machen?! Und am Ende nehmen die uns noch die ganze Freiheit!

Während Angela Merkel farblos wie eh und je als ohnehin schon sicherer Wahlsieger gehandelt wird, ihr ... "Konkurrent" ... Peer Steinbrück nur durch die peinliche Berührtheit seiner Genossen aufgefallen ist, die Grünen nicht wissen, ob sie nun mit oder ohne Schwarz machen sollen, und die Piraten ihren Hype längst hinter sich haben (von der PDSEDLinken ganz zu schweigen), hat Brüderle nicht nur seinen eigenen Fanblog, sondern gleichzeitig noch einen eigenen Twitter-Hashtag, der gleichzeitig jungen Frauen dabei hilft, gegen sexuelle Übergr-- Diskrimi-- Anmachen aufzustehen. Am Ende muss Frollein Himmelreich nur noch bei ihm als Praktikantin anfangen, und Brüderle kann sich als deutscher Bill Clinton gerieren.