Dienstag, 13. August 2013

Die Gotteshypothese

Nach einigem Überlegen kann und muss ich sagen: Auch ich verwerfe die Gotteshypothese. 

Bitte sacken lassen.

Es gibt da einen schönen Cartoon, der sich wunderbar als Aufhänger für eine Begründung eignet; ich vermute mal, er ist hinlänglich bekannt.

Hierin wird sehr schön ein tatächlich existierender Gegensatz aufgezeigt, allerdings ist die Beschriftung etwas unglücklich. Denn der hier gezeigte Unterschied verläuft nicht zwischen scientific und creationist, sondern zwischen den empirischen Wissenschaften und den Geisteswissenschaften, vor allem der Geschichtswissenschaft. Diese arbeitet in der Tat nach der Methode: "Hier sind die Fakten. Welche Schlüsse können wir daraus ziehen?" Vielleicht etwas plastischer: "Hier sind Schriftstücke, Urkunden, Schenkungen, und darüber hinaus Bauwerke, Ruinen, handwerkliche Produkte - welche Schlüsse können wir daraus ziehen?" Dem gegenüber stehen die empirischen Wissenschaften, die zuerst eine Hypothese aufstellen und sich dann überlegen, wie diese Hypothese verifiziert oder - viel entscheidender - falsifiziert werden kann: "Hier haben wir eine Hypothese - welche Fakten können wir herbeitragen, die sie stützt?" Nicht umsonst steht vor dem Experiment die Hypothesenbildung, nicht umsonst ist es Aufgabe eines Experiments, eine Hypothese entweder zu stützen oder zu verwerfen.

Eine Hypothese ist insofern etwas, das zunächst mal einfach unterstellt wird (bedeutet "Hypothese" doch auch wörtlich "Unter-Stellung"), eine aktive Handlung: Der jeweilige Wissenschaftler stellt wortwörtlich etwas in den Raum. Das, was er in den Raum stellt, kommt von ihm und ist ihm folglich nachgeordnet: Was in den Raum gestellt wird, hängt von ihm ab.

Das ist so ziemlich genau das Gegenteil dessen, was "Glaube" bedeutet. "Glaube" heißt "Annehmen", und das ist zunächst etwas Passives: Etwas tritt von außen hinein; es wird nicht von innen nach außen gestellt, sondern von außen nach innen gebracht. Das, was von außen nach innen gelangt, kommt nicht von demjenigen, der etwas annimmt, und ist ihm folglich nicht nachgeordnet: Die Sache, die angenommen wird, hängt nicht von demjenigen ab, der sie annimmt.

Da "Gott", wenn er denn existiert, als Schöpfer seiner Schöpfung nicht nachgeordnet ist, d.h. nicht von ihr abhängt, sondern andersherum die Schöpfung vom Schöpfer abhängt, entzieht sich "Gott" grundlegend der Hypothesenbildung.
Erhellend dazu ist vielleicht ein Blick in den Schöpfungsbericht der Genesis, der dem Wesen nach das Argument aus der Kontingenz darstellt: Die Sonne, der Mond, die Sterne, die Planeten, die Erde, ja die ganze Welt sind nicht aus sich heraus existent, sondern der Ursprung ihrer Existenz liegt außerhalb ihrer selbst. Das Akzeptieren der Tatsache, dass das, was zur Natur (oder: zum Universum) gehört, nicht sein eigener Ursprung ist, führt zur Schlussfolgerung, dass der Ursprung der Natur (oder: des Universums) außerhalb der Natur (oder: des Universums) liegt. Damit steht eine solche Theologie der geisteswissenschaftlichen Methodik nahe.

Das heißt: Gerade im Glauben lehnt man die (eine) Gotteshypothese ab. Und vor allem als Glaubender lehnt man daher die (eine) Gotteshypothese ab.

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