Donnerstag, 14. September 2006

Warum die zentrale Stellung des Marktes?

Politisch gibt es eine Dichotomie zwischen Individualismus, üblicherweise verknüpft mit dem Liberalismus, und Kollektivismus, üblicherweise verknüpft mit dem Sozialismus. Der Konservatismus findet sich inmitten dieser Dichotomie.

Kollektivismus ist abzulehnen, weil er die schlechte menschliche Natur entfesselt:  Im Kollektiv wird die Handlungsmöglichkeit der schlechten menschlichen Natur gebündelt und auf diese Weise verstärkt. Da das Kollektiv alleine schon quantitativ gegenüber dem Individuum faktische Priorität und Superiorität besitzt, gibt es nichts, das dieser entfesselten menschlichen Natur entgegenstehen könnte.

Entscheidend ist nun aber, dass die Dichotomie zwischen Individualismus und  Kollektivismus gar kein echter Dualismus ist, sondern nur ein Schein-Dualismus. Tatsächlich führt Individualismus zu Kollektivismus:  

(a) Individualismus impliziert gleiches Recht für alle, da alle Individuen als solche das gleiche (Recht auf ein) Dasein als Individuum brauchen.  

(b) Durch das Recht zur Abgrenzung impliziert Individualismus die Isolation des Einzelnen vom anderen und schwächt ihn dadurch.

(c) Auch ein Individuum kann aus Bestandteilen bestehen: i. Materiell besteht der Mensch aus Zellen, Knochen, Körperteilen. ii. Philosophisch besteht der Mensch aus Körper, Geist, Seele. 

(d) Deswegen kann auch ein Kollektiv als Individuum agieren. 

(e) Aus (a) und (d) ergibt sich, dass das Kollektiv als Individuum das gleiche Recht wie alle anderen Individuen auch haben muss und so den gemäß (b) geschwächten Einzelnen übervorteilen kann. 

Der Markt löst nun diesen Schein-Dualismus auf: Der Einzelne kann sich im Marktgeschehen nie ganz vom anderen isolieren, aber auch nie ganz von einem anderen absorbiert werden. Individualismus und Kollektivismus sind Monopole, die der Markt nicht zulässt. Der Dichotomie aus Individualismus und Kollektivismus stellt der Markt die transaktionale, oder: ökonomische Interdependenz entgegen. Somit handelt es sich beim Markt gerade um die konservative Option gegenüber liberalen und sozialistisch-kommunistischen Ansätzen.

Sonntag, 6. August 2006

Das liebe Heilige Römische Reich ...

... wie hälts nur noch zusammen?

Ein leidig Lied! Dankt Gott mit jedem Morgen,
Daß ihr nicht braucht fürs Römische Reich zu sorgen!

Auerbachs Keller ist gemütlich.

Das Alte Reich - wohl kein Gebilde auf deutschem Boden ist so dermaßen falsch im Bild der kollektiven Erinnerungskultur geblieben. Überhaupt, es greift so manche Analyse gnadenlos ins Leere, wenn sie sich daran macht, die Struktur dieses Dings zu fassen. Nun ist es ja allgemeiner Konsens, dass es weder Staat noch Staatenbund war. Es ist, oder besser: war eben das Reich. Punkt. Aus.

Freitag, 16. Juni 2006

Batalla en el cielo

 ... oder wie ich lernte, die Sneak-Preview zu fürchten

Die erste Szene ist noch harmlos. Man sieht das ausdruckslose Gesicht eines Mannes aus Mittel- oder Südamerika. Er ist dick, hat einen ungepflegten Vollbart und trägt eine überdimensionierte Brille, wie man sie hierzulande in den 80er Jahren getragen hat. Ein erster Gedanke schießt mir durch den Kopf: Es muss wohl ein Film sein, der sich um illegaliens an der amerikanisch-mexikanischen Grenze dreht. Untermauert wird diese Vermutung durch den Hintergrund, den Raum, in dem diese Person steht, der an ein anonym gehaltenes Verhörzimmer erinnert. Dann fährt die Kamera nach unten und zeigt, dass der Mann kein Hemd trägt. "Na klasse", denke ich mir. "Wieder mal was über die herzlosen Amerikaner, die Mexikaner foltern und dazu zwingen, ihre Bierbäuche zu zeigen." Das ist der letzte klare Gedanke, den ich fassen kann, ehe der Film mich auf eine irrwitzige Reise hin zu den Grenzen des klaren Menschenverstandes prügelt.

Donnerstag, 11. Mai 2006

An den Herrn Reichsbürger

Die Bundesrepublik Deutschland ist das Deutsche Reich. Zumindest der Teil, der vom Bismarck-Reich des Jahres 1871 übrig blieb (daher war die Aufnahme der SBZ in die Bundesrepublik tatsächlich eine Wiedervereinigung). Ein Dokument mit der Überschrift "Friedensvertrag" ist unnötig, weil mit der Westbindung (EU, NATO, Verträge über die polnische Westgrenze) ein Vertragssystem geschaffen wurde, das den deutschen Staat besser in die Gemeinschaft der Staaten integriert als dies ein klassischer Friedensvertrag je könnte. 

Freitag, 28. April 2006

Kritik der Chronologiekritik: Hat Karl der Große je gelebt?

Ich würde Heribert Illig nicht als "Historiker" bezeichnen. Nur weil ich erkennen kann, wenn jemand anderes Schnupfen hat, bin ich ja auch kein Mediziner. Wenn man sich ein wenig mit dem Mittelalter und vor allem der mediävistischen Forschung sowie deren Methodik auseinandersetzt, dann erkennt man sehr schnell, wie unwissenschaftlich Illig arbeitet. Als Student der Mittleren und Neueren Geschichte habe ich schon von der These des erfundenen Mittelalters gehört, und mir danach auch mal das Buch von Illig aus der Bibliothek besorgt, um die allgemeinen Kritikpunkte daran nachzuprüfen. Soweit ich erkennen konnte, stimmt die Kritik.