Mittwoch, 4. Februar 2009

Die Causa "Piusbruderschaft"

Papst Benedikt XVI. wird gerade zum Opfer einer parteiübergreifenden Diffamierungskampagne, in der die veröffentlichte Meinung zu sehr großen Teilen offenbart, dass sie weder lesen noch zuhören noch zwischen kanonischem und säkularem Recht unterscheiden kann - geschweige denn überhaupt zwischen zwei voneinander unabhängigen Sachverhalten zu differenzieren.

Was meiner Ansicht nach viele Leute stört, ist nicht so sehr der Sachverhalt an sich, sondern der Eindruck, den die veröffentlichte Meinung erzeugen möchte bzw. erzeugt. Plump gesagt: dass die Medien "Hetze" betreiben. Das scheint mir der Kern der Debatte.

Natürlich kann man von Nicht-Christen nicht erwarten, dass sie sich mit dem Fachvokabular des kanonischen Rechts auskennen - es läge aber gerade deshalb an den Berichterstattern, den Uninformierten Licht in das Dunkel zu bringen. Das wird nicht getan, wenn man einmal von den wenigen Ausnahmen (die überwiegend katholische Nachrichtenoutlets sind) absieht. Die große Masse der Meinungsmacher hört "Bischof", "Aufhebung der Exkommunikation" und "Holocaustleugnung" und schneidert sich daraus eine passende Geschichte, die das nötige Pulver gibt, um noch einmal die Kanonen gegen die Kirche laden zu können.

"Bischof" und "Aufhebung der Exkommunikation" sind zunächst einmal zwei Paar Stiefel. Zum einen ist die Exkommunikation kein Ausschluss aus der Kirche, sondern ein Ausschluss von den Sakramenten, sprich: der Exkommunizierte ist nicht mehr zur Kommunion zugelassen. Die Aufhebung der Exkommunikation bedeutet nun, dass betreffende Person wieder die Sakramente empfangen darf.

Zweitens: Williamson wurde nicht als Bischof wieder zu den Sakramenten zugelassen. Im Gegenteil: Wie er in die kirchliche Hierarchie eingegliedert wird und ob überhaupt (was wohl nicht passieren wird) - das ist noch überhaupt nicht geklärt. Schließlich war die Bischofsweihe, die zur Exkommunikation führte, von Seiten des Heiligen Stuhles verboten und damit widerrechtlich.

Den ganzen Sachverhalt also so darzustellen, als habe Benedikt einen Bischof wieder in die Kirche aufgenommen, ist schlicht: falsch. Benedikt hat, salopp gesagt, letztendlich einem Katholiken wieder erlaubt, zur Kommunion zu gehen.

Ebenso sind "Aufhebung der Exkommunikation" und "Holocaustleugnung" zwei verschiedene Paar Stiefel. Warum die Piusbrüder exkommuniziert wurden, wurde bereits genannt. Dass also die Frage der Gemeinschaft mit Rom vollkommen unabhängig von Williamsons verqueren Ansichten zum Thema Judenmord ist, dürfte für jeden ersichtlich sein, der auch nur ein klein wenig Differenzierungsvermögen besitzt.

Dass Williamson, ein erklärter Gegner des Heiligen Stuhles ("Der Vatikan ist vom Teufel besessen"; eine Aussage übrigens, die ihn in die Nähe Luthers rückt), diese Äußerungen auch nur gegeben haben könnte, um - in Vertrauen auf die Blödheit der Öffentlichkeit - eine Einigung zwischen Heiligem Stuhl und Piusbruderschaft zu sabotieren, fällt derweil auch niemandem ein. Wir erinnern uns: Im letzten November gab er das Interview, im Dezember bat Bernard Fellay im Namen der Exkommunizierten um eine Revidierung des Bannes. Dass da vorher bruderschaftsintern verhandelt und gesprochen wurde, halte ich für sehr wahrscheinlich.

Nebenbei bemerkt finde ich es besonders interessant, dass Williamsons Äußerungen nicht schon im November Aufsehen erregt haben (also zu einer Zeit, in der er "nur" ein Mitglied einer "katholischen Fundisekte" war), sondern dass das Interview "rein zufällig" in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Aufhebung der Exkommunikation veröffentlicht wurde (als man es also richtig schön ausschlachten konnte). Und das, wo Williamson doch schon vorher auffällige Dinge von sich gegeben hat (z.B. hat er im Jahr 2000 die Protokolle der Weise von Zion für authentisch erklärt).

Wer in einem Medium publiziert, das ein Millionenpublikum erreicht und den Anspruch erhebt, möglichst ausgewogen zu informieren (oder einfach nur den deutschen Pressekodex, v.a. Ziffer 2, zu befolgen), der muss solche Dinge erwähnen und erklären. Wer das nicht für nötig erachtet oder nicht will, der braucht sich auch nicht journalistisch zu einem solchen Thema äußern. Ich schreibe schließlich auch keine Spielanalyse zum WM-Endspiel für den Kicker, wenn ich zu faul bin, mir das Fußballreglement anzueignen. Würde ich da mit der Ausrede kommen, dass die FIFA (oder wer auch immer) nicht erwarten kann, dass auch Fußballfremde oder Nicht-Fans sich mit den Regeln beschäftigen müssen - man zeigte mir völlig zurecht den Vogel.

Analog verhält es sich auch beim aktuellen Fall: Wer nicht richtig informieren kann oder will, der soll es ganz bleiben lassen. Andernfalls ist es eben eine bloße Medienkampagne, die den Sachverhalt zu Gunsten einer bestimmten politischen Agenda (die da lautet: "Der Papst heißt die Holocaustleugnung gut") beugt.

Die Rücknahme der Exkommunikation ist ein Schritt, um die Piusbruderschaft (nicht Williamson alleine) wieder in die volle Gemeinschaft mit Rom zu bringen. Wenn man also Williamson (genauer gesagt: seine Aussagen) mit der Piusbruderschaft gleichsetzt, dann kann man das natürlich als "Schritt auf den Holocaustleugner zu" darstellen - dass letztendlich aber auf der anderen Seite ein Sachverhalt verkürzt und damit verfälscht und verfälschend dargestellt wird, geht dabei unter.

Beim Thema "Holocaustleugnung im Islam" trifft man doch immer wieder auf Appelle, bitteschön differenziert und vor allem auf der Basis gründlicher Recherche seine Aussagen zu tätigen - warum ist das hier nicht der Fall? Ich habe noch keine Schlagzeilen darüber gelesen, dass unsere Bundesregierung Schritte auf Holocaustleugner zugeht, weil sie mit dem Iran Handel betreibt oder die Hamas finanziert. Das wäre schließlich weitaus zutreffender als das, was mit der Aufhebung der Exkommunikation geschehen ist.

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