Sonntag, 15. November 2015

Libertärer Ikonoklasmus: Die "Klimadebatte"

"Werte" sind für den Ökonomen überwiegend quantifizierbare Zuschreibungen gegenüber materiellen Gütern; für den Soziologen hingegen z.B. eher (klassisch-weberianisch) der Inhalt einer urteilenden Stellungnahme, dessen Gültigkeit durchgesetzt werden soll. Der policy maker andererseits kann darunter alles und dessen Gegenteil verstehen, in der Praxis ist das meist irgendetwas im groben Bereich von Tugenden. Diese Unterschiede gilt es im Bewusstsein zu haben, wenn man über den Klimawandel diskutiert und dabei berücksichtigen will, "dass es eben nicht nur um Zahlen, sondern auch um Werte geht".[*]

Was den Diskurs insgesamt angeht, so identifizieren gerade libertäre Teilnehmer ganz gerne "drei zentrale Behauptungen hinter der Klimadebatte":

  • Es gäbe einen Klimawandel, und zwar im Sinne von (a) Weltklima existiert und (b) dieses werde heißer.
  • Dieser Klimawandel sei anthropogen.
  •  Dieser Klimawandel sei unwünschenswert.

Die Formulierung dieser drei "zentralen Behauptungen" ist allerdings bereits eine eigene Position innerhalb der Debatte und damit etwas schepps.

Die Frage, inwiefern von einem Klimawandel gesprochen werden kann, betrifft den wissenschaftlichen Diskurs, der hierbei nicht notwendig ein einheitliches Weltklima postuliert - das tun meist die politisch motivierten Interpretationen des Diskurses -, sondern durchaus das Vorhandensein von Klimazonen berücksichtigt, so wie er auch Veränderungen einer globalen Durchschnitts-Temperatur - vulgo: "Erderwärmung" bzw. global warming oder global cooling - messen kann.

Ebenfalls zum wissenschaftlichen Diskurs gehört die Frage, was denn die o.g. messbaren Veränderungen verursacht. Eine große Hausnummer dabei ist - rein auf den Anteil an der Zusammensetzung der Erdatmosphäre bezogen durchaus kontra-intuitiv - das Kohlenstoffdioxid. Erst als Folge davon, nämlich in der Frage, was eine Veränderung des CO2-Anteils bewirkt (die wiederum eine Veränderung der globalen Durchschnittstemperatur verursacht), kommt der Mensch als Verursacher ins Spiel. Auch hierbei handelt es sich um eine politisch motivierte Interpretation, insofern die Kette auf einen anthropogenen Klimawandel verkürzt wird.

"Unwünschenswert" scheinen in der Debatte eher die angenommenen Folgen denn der Klimawandel selbst, aber das ist Erbsenzählerei. Es liegt der Debatte ein ethischer Anspruch zugrunde, ja, allerdings ist die Einschätzung des Klimawandels als unerwünscht auch eine eher unpräzise Wiedergabe dieser Grundlage. Viel mehr steht hinter der Debatte der Anspruch, gegenüber der Umwelt bzw. Natur (je nach Blickwinkel) solle verantwortlich und verantwortungsbewusst gehandelt werden. Das zieht eine Ablehnung von (allzu großer und/oder unnötiger) Zerstörung nach sich, in deren Licht dann erst wiederum der (menschlich verursachte) CO2-Ausstoß problematisiert wird, da dieser in der o.g. Ursachenkette eine signifikante Rolle spielt.

Das steht hinter der "Klimadebatte". 


[*] Ein schönes Beispiel für die Vermischung verschiedener Bedeutungen des Begriffs bietet der Ökonom Hans-Hermann Hoppe, ein überzeugter Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, in seiner Schrift "Demokratie - Der Gott, der keiner ist". Darin sind "Werte" je nach Bedarf Wahrheiten, Tugenden oder materielle Vorteile, und in den politischen Schlussfolgerungen wird da munter vermengt.

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