Als die Frauen die Rockmusik retteten
Zentral scheint mir in Stremmels Argumentation die Einschätzung der "weißen, männlichen Rockmusik" als Brecher von Konventionen, als Speerspitze wider die gesellschaftlichen Normen, die heutzutage ausgedient habe und "grotesk aus der Zeit gefallen" wirke, "wie eine Hochburg des Gestrigen". Dabei übersieht er m.E., dass gerade der Rockmusiker die drei Archetypen der westlichen ("weißen, männlichen") Kulturgeschichte nahezu beispiellos verkörpert: Leonardo, Faust und Casanova - der Rockmusiker ist seiner Rolle nach künstlerisches Genie, Tatmensch und Macher, sowie unersättlicher Liebhaber. Und bereits von ihren Ursprüngen her - namentlich die Aneignung des Rhythm-and-blues der afro-amerikanischen Unterschicht durch die weiße Mittelschicht in den frühen 1950er Jahren - steht die Rockmusik für die Restauration und Sicherung des "weißen, männlichen" Status-quo. So gehört die Rockmusik mit zu den am meisten traditionsverhafteten und reaktionärsten Genres der Musikgeschichte, was sich im Kleinen bereits typisch in Themen wie bspw. der Diskussion um "Röhre vs. Transistor" zeigt oder in der Frage, ob der Sound nun aus den Fingern kommt oder aus der Signalkette.
In diesem Gefüge beobachtet Stremmel nun - und das wahrscheinlich zurecht - einen "Kulturwandel": Tonangebend sind von nun an nicht mehr nur die Männer im o.g. Rollenmodell, sondern zunehmend auch Frauen. Abgesehen davon scheint sich jedoch nicht allzu viel geändert zu haben; zumindest erwähnt er jenseits davon nichts. Tatsächlich sieht es eher so aus, als würden nun zunehmend Frauen in die "weiße, männliche Rockmusik" hineinwachsen.
Ganz davon abgesehen, dass man den gesamten Artikel auch als bloßen Marketing-Stunt aus der Indie-Szene lesen, verstehen und erklären könnte.
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