Ich sehe keinen Widerspruch zwischen a) dem Bezug zu Leuten, die sich schon vor mir Gedanken über Fragen gemacht haben, die auch ich mir stelle, und b) einem persönlichen Statement, das ich abgebe. Ich muss ja nicht zwanghaft das Rad neu erfinden - weder in der Wissenschaft noch in der Musik noch im Glauben. Und wenn mich ein fremder Gedankengang überzeugt, dann wäre es a) unsinnig, ihn abzulehnen bloß weil er nicht auf meinem eigenen Mist gewachsen ist, und b) unredlich, ihn gegenüber Dritten als meine eigene Erfindung auszugeben. Ich weiß, dass man das auch anders sehen kann: Anderen zu unterstellen, sie hätten das Potenzial, einen selbst zu überzeugen, versteht sich nicht von selbst.
Was die Theodizee angeht, bin ich nun in einer Zwickmühle zwischen dem, was ich denke, und dem, was gemeinhin von mir verlangt wird: Was ich denke, steht - genau wie die übliche theologische Fragestellung - unleugbar in der Tradition der abendländischen Geistesgeschichte vom antiken Griechenland bis heute. Verlangt wird meist hingegen eine Antwort, die diesen Bezug nicht erkennen lassen darf - im Gegensatz zur Frage selbst, die mit der Bezeichnung als Theodizee natürlich einen klaren Bezug formuliert.
Versuch einer Antwort, aufgrund der Aufgabenstellung notwendig verkürzt: