Samstag, 30. August 2014

Zum "Deus est" in den Wissenschaften

Gerade "wissenschaftliches Streben" bedarf eines Anfangs im Denken, und jedwede wissenschaftliche Untersuchung muss gewisse Dinge schlichtweg voraussetzen. Darum muss jeder Wissenschaftler - ob er nun will oder nicht - an einem gewissen Punkt immer sagen: Deus est, denn irgendwo braucht seine Methode einen un-bedingten Ausgangspunkt. Gäbe es ihn nicht, könnte er die Methode nicht anwenden. Ob dieser unbedingte Ausganspunkt im wissenschaftlichen Denken nun deckungsgleich ist oder dasselbe meint wie der unbedingte Ausgangspunkt, den das Christentum (oder das Judentum oder der Islam oder eine andere Religion) für die gesamte Welt behauptet, ist damit freilich nicht gesagt. Doch strukturelle Gemeinsamkeiten gibt es durchaus.

Ganz zu schweigen davon, dass die intelligible Welt als Voraussetzung wissenschaftlicher Erkenntnis ohne wesenhafte Unterscheidung zwischen Schöpfer und Schöpfung nicht konsistent begründet werden kann. Das Postulat, dass die Welt selbst ihrem Wesen nach nicht Gott ist, liefert überhaupt erst die Bedingung der Möglichkeit wissenschaftlicher Erkenntnis: Wo dieses Postulat nicht gilt, da wird mit den Phänomenen der Welt nicht experimentiert, da werden diese nicht erforscht und getestet, sondern da werden sie verehrt und angebetet. Eine amorphe "Urenergie, wie sie im Buddhismus beschrieben wird", ist dabei für das "wissenschaftliche Streben" eine denkbar schlechte Option: Auch sie wird nicht erforscht oder getestet, auch mit ihr experimentiert man nicht. Man erfährt sie, man erlebt sie, man erkennt - und man schweigt gelassen ob der Einsicht. Wenn wir solch eine "Urenergie" wirklich voraussetzen wollen, dann haben die Buddha-Praktikanten mit ihrem Kampf gegen die Vernunft als Methode absolut recht.

Aus alledem lässt sich nun schließen, dass ein "Atheismus", der nicht nur methodisch (indem er eben die Welt nicht als Gott verehrt), sondern weltanschaulich sein möchte, nicht vernünftig, geschweige denn wissenschaftlich sein kann: Er muss schlichtweg einen unbedingten Ausgangspunkt im Denken verneinen (Deus non est), um A-Theismus sein oder bleiben zu können.

Daraus folgt zweierlei: Erstens, dass weltanschauliche Atheisten eher selten (in der Regel überhaupt nicht) anzutreffen sind. Zweitens, dass Atheismus eben nicht "der philosophische Normalzustand eines geistig gesunden menschlichen Wesens sein sollte", sofern es um das "wissenschaftliche Streben" geht.

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