Montag, 20. April 2015

Anselm und die Frage des Gottesbeweises

Die "Toren", auf die Anselm in Kapitel 2 seines Proslogion zu sprechen kommt, sind zunächst einmal diejenigen, die gemäß Psalm 14,1 "in ihrem Herzen [sagen]: Es gibt keinen Gott." Der Psalm selbst konstatiert übrigens in den folgenden Versen 2-3: 

"Der Herr blickt vom Himmel herab auf die Menschen,
ob noch ein Verständiger da ist, der Gott sucht.
Alle sind sie abtrünnig und verdorben,
keiner tut Gutes, auch nicht ein einziger.
"

Es sind also nicht "die Ungläubigen" als spezielle Gruppe gegenüber den Gläubigen,[*] die "nach Anselms Gleichung" die "Toren" seien, sondern alle Menschen. Und das ist gleichsam der Anspruch, unter dem Anselm sein Argument formuliert: 

An ergo non est aliqua talis natura,
quia "dixit insipiens in corde suo: non est deus"?

 Anselm geht der Frage nach, ob solch eine natura nicht vorhanden sein könne, wenn (und weil) alle Menschen sie von Herzen verneinen.

Das wirft die Frage auf, wo Glaube im Verhältnis zur Vernunft steht: Ist er infra-rational oder ist er supra-rational? Ist Glaube die bloße Abwesenheit von Vernunft? Oder geht Glaube über die Vernunft hinaus?

Zunächst einmal ist Theologie Wissenschaft. Dann hat die Philosophie Begriffe für das, worauf sich der christliche Glaube beruft: prima causa, actus purus, ipsum esse subsistens, regulatives Prinzip der Vernunft (ipsum bonum), nicht-kontingenter Grund der Kontingenz, primum movens, proton kinoun akineton.

Es geht dabei zugleich nicht so sehr um irgendeinen "rationalen Gottesbeweis", als viel mehr um rationale Argumente sowie dann um deren Austausch. Dazu gehört zunächst einmal, vorgebrachte Argumente als solche anzuerkennen und nicht durch Strohmänner und Popanze zu ersetzen, die man dann beiseite schieben kann. Ein ganz beträchtlicher, wenn nicht sogar der größte Teil der Diskussion um die Argumente für Gott dreht sich ja gar nicht darum, ob und inwiefern diese Argumente als Beweise gelten können, sondern darum, sie überhaupt erst einmal korrekt wiederzugeben, bevor man darauf antwortet.

Warum ich rationale Argumente für einen gangbaren Weg halte: Wenn der Logos tatsächlich Fleisch geworden ist, dann lässt sich Gott vom Logos her, und das heißt logisch, erkennen. Wenn der fleischgewordene Logos von sich behauptet, dass er der Weg sei, dann darf ich als Christ darauf vertrauen, dass die logische Erkenntnis durchaus meta-hodos (Nach-Weg, "Methode") ist. Und wenn Jesus Christus tatsächlich der fleischgewordene Logos ist, dann weist das auch auf ihn hin. Ob man allein durch rationale Überlegungen zum Christentum kommt, hat damit indes kaum etwas zu tun - denn hierbei geht es in erster Linie darum, was Christ-Sein konkret bewirkt.

 

[*] Auch wenn Dawkins, Gotteswahn, S. 113-114, das anders darstellt. Hier hat er schlichtweg nicht zu dem Text recherchiert, den er kritisieren möchte.

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