Ja, ich erlebe Szenefunktionäre, die nun ihrerseits die eigene Realität für die einzig wahre halten. Aber da gibt es ein weiteres Paradox: Wir haben als CDU eigentlich den Kulturkampf gewonnen und merken es nicht. Heute kämpft eine eher linke Szene für die gute alte bürgerliche Ehe - und mancher bei uns sieht das als Bedrohung, anstatt sich darüber zu freuen. Wenn Schwule und Lesben sich rechtlich verbindlich dauerhaft binden wollen, leben sie genau die Werte, die uns wichtig sind. Das ist modern gedachtes Bürgertum.
Von einem rein wertgebundenen Konservatismus aus gedacht - in der Hierarchie aus: (a) Prinzipien [d.h. Gründe], (b) Grundwerte [d.h. Ziele], (c) Werte [d.h. Zwecke], sowie (d) Normen [d.h. Mittel] -, ergibt Spahns Position durchaus Sinn. Demnach ist die Ehe nämlich bloße Güter- und Rechtsgemeinschaft - oder in den Worten Martin Luthers: "Die Ehe ist ein äußerlich, weltlich Ding." Wenn nun nicht nur Heterosexuelle danach leben wollen, sondern auch Homosexuelle diese Werte teilen und praktizieren möchten, dann ist das - unter diesem Paradigma - durchaus stimmig; die Vertreter dieser Werte haben sich damit durchgesetzt.[*]