Donnerstag, 21. Oktober 2021

Individuelle und spezifische Personen

Teil 1 - Politik: Ein ästhetisch-technisches Kontinuum
Teil 2 - Der Mensch als Träger von Mitteln: Normen
Teil 3 - Der Mensch als Träger von Zwecken: Werte
Teil 4 - Der Mensch als Träger von Zielen: Grundwerte
Teil 5 - Der Mensch als Träger von Gründen: Prinzipien

Es muss noch eine bestimmte Sache angesprochen werden, um das Prinzip der Personalität, das menschliche Dasein als Person, nicht nur adäquat auszusagen, sondern auch einigermaßen verstehen zu können. In den vorangegangenen Beiträgen ist viel gesprochen worden von Unterscheidung, vor allem zwischen Immanenz und Transzendenz, aber auch zwischen intrinsischer Verfasstheit und extrinsischer Perspektive, zwischen Wollen und Sollen, zwischen Theorie und Praxis etc. Unter diesem Lichte muss noch eine letzte Sache, eine letzte Unterscheidung erklärt werden. 

In Bezug auf Normen, Werte und Grundwerte sind gewisse Unterscheidungen oder viel mehr Bestimmungen eingeführt worden: Es war von einzelnen Normen die Rede, von spezifischen Wertvorstellungen und von generischen Ideologien. Das hatte einerseits ganz allgemein den Zweck, Unterscheidungen und Bestimmungen zu treffen, ohne immer dasselbe Wort dafür verwenden zu müssen. Doch in einem engeren Sinne meinen diese Bestimmungswörter nicht dasselbe, sondern sie beziehen sich auf Unterschiedliches - und darum soll es jetzt gehen.

Mittwoch, 20. Oktober 2021

Lebensschutz: "pro-life" und "whole life"

Unter der Rubrik "Lebensschutz" finden sich drei große und wesentliche Bereiche: Abtreibung, Todesstrafe, Sterbehilfe. Diese betreffen hinsichtlich ihrer Perspektive und Wirkung jene drei Lebensstadien des Menschen, die bereits im berühmten Rätsel der Sphinx eine wesentliche Rolle spielen: Kindheit, Erwachsenenalter, Lebensabend. Und wie die Sphinx im Narrativ jeden frisst, der ihr Rätsel nicht lösen kann, so geht es auch in der Wirklichkeit um Leben und Tod - pikanterweise ebenfalls auf Grundlage der Frage, ob die antwortende Person im präsentierten Sachverhalt den Menschen als solchen erkennt.

Üblicherweise werden jedoch nicht alle drei dieser Bereiche gleichermaßen oder adäquat im Rahmen des Lebensschutzes betrachtet und diskutiert.

Donnerstag, 14. Oktober 2021

Der Mensch als Träger von Gründen: Prinzipien


Teil 1 -
 Politik: Ein ästhetisch-technisches Kontinuum
Teil 2 - Der Mensch als Träger von Mitteln: Normen
Teil 3 - Der Mensch als Träger von Zwecken: Werte
Teil 4 - Der Mensch als Träger von Zielen: Grundwerte

Nachdem das Dasein des Politischen mit Blick auf die Normen und Werte wie auch das Werden des Politischen mit Blick auf die Ziele besprochen sind, bleibt schließlich noch der Blick auf die Gründe, die auch Prinzipien genannt werden können. Und auch hier muss gleich zu Beginn eine Begriffsklärung erfolgen, denn wenn es um den Ausdruck "Prinzipien" geht, gibt es allzu häufig Missverständnisse, was damit genau gemeint sein soll.

Donnerstag, 7. Oktober 2021

Der Mensch als Träger von Zielen: Grundwerte


Teil 1 -
 Politik: Ein ästhetisch-technisches Kontinuum
Teil 2 - Der Mensch als Träger von Mitteln: Normen
Teil 3 - Der Mensch als Träger von Zwecken: Werte


Bislang hat sich der Blick auf Normen und Werte im Bereich von Strukturmerkmalen aufgehalten, soll heißen: Es ging vorrangig um Sein und Sollen in, mit und aus der Perspektive der zwischenmenschlichen Gemeinschaft. Zugleich kommen gemeinschaftliche Werte nicht von einem leeren Raum einfach so ins Dasein, sondern sie bedürfen ihrerseits wiederum einer Begründung oder Grundlage: Auch wenn die Gemeinschaft, in der ein Mensch sich befindet, als Träger von Werten fungieren kann, so fußen diese Werte doch darauf, dass der Mensch sich in Gemeinschaft befindet. Dies führt folgerichtig zum Grund der Werte, oder eben: zu den Grundwerten.

Donnerstag, 30. September 2021

Der Mensch als Träger von Zwecken: Werte


Teil 1 -
 Politik: Ein ästhetisch-technisches Kontinuum
Teil 2 - Der Mensch als Träger von Mitteln: Normen

Insofern der einzelne Mensch sich in Gemeinschaft befindet, so begegnen ihm dort wie gesehen zunächst die Mittel, durch die die Gemeinschaft sich verwirklicht; sie setzen gewissermaßen das Sein des Gemeinschaftlichen. Insofern der einzelne Mensch sich in Gemeinschaft befindet, begegnen ihm jedoch auch immer schon die Zwecke, die zu jenen Mitteln gehören und ihnen Bedeutung verleihen; sie geben dem Gesetzten einen spezifischen Grund und fungieren so als Grund-Sätze, die ein Sollen bezeichnen.

Donnerstag, 23. September 2021

Der Mensch als Träger von Mitteln: Normen

Teil 1 - Politik: Ein ästhetisch-technisches Kontinuum

Insofern der Einzelmensch in Gemeinschaft steht, begegnet ihm diese Gemeinschaft zu allererst über die Mittel, durch die sie sich vollzieht: der Stoff, aus dem ein konkreter gemeinschaftlicher Zustand besteht. Dies lässt sich unter dem Begriff der Normen zusammenfassen. Normen sind sozusagen das Kommunikationsmittel schlechthin, jenes Medium, über das sich gemeinschaftliche Äußerungen vollziehen, womit die Normen auch am nächsten zur Kultur als Verarbeitung der Kontingenzerfahrung vermittels Herstellung von Artefakten stehen: Normen sind Artefakte, und sie bestimmen als solches positiv, also aus ihrem Inhalt heraus, den Normal-Fall eines bestimmten Zustandes.

Donnerstag, 16. September 2021

Politik: Ein ästhetisch-technisches Kontinuum

Ähnlich dem Historiker hat es der Politologe gerade gegenüber dem Alltagsverständnis schwer, seinen Forschungsgegenstand adäquat zu benennen und seine Tätigkeit entsprechend zu verteidigen - auch Philosophen und Theologen kennen dergleichen wohl zur Genüge: Schließlich hat jeder auf irgendeine Weise schon einmal irgendwie Erfahrungen mit Geschichte, Philosophie, Religion oder Politik gemacht. Diese mehr oder minder diffusen und intuitiven Erfahrungen wirken in der Regel als Regulativ, wenn es darum geht, darüber zu sprechen.

Wirkliches Verstehen, und dabei ist noch nicht einmal von wissenschaftlichem Verstehen die Rede, begnügt sich jedoch nicht mit bloßen Erfahrungen, sondern reflektiert auf diese Erfahrungen, betrachtet sie formal und materiell, von innen und von außen, in sich und im Kontext. Dafür ist es notwendig, zunächst einmal einen Begriff derjenigen Sache zu haben, mit der man sich in Erfahrung wähnt, denn ohne einen Begriff lässt sich eine Sache nicht begreifen. Vor diesem Hintergrund scheint es wichtig, Begriffe einigermaßen klar zu umreißen und voneinander zu differenzieren, auch wenn man natürlich festhalten muss, dass es so etwas wie eine echte Objektsprache gar nicht gibt: Sprachlich bezeichnete Dinge können letzten Endes immer nur relativ zueinander voneinander beschrieben, unterschieden und getrennt werden. 

Montag, 6. September 2021

Gedanken zur priesterlichen Lebensform

Ich muss ja zugeben, dass ich mich etwas am weit verbreiteten Ausdruck "Pflichtzölibat" störe: Nach momentaner kanonischer Regelung gehört die Verpflichtung zur Ehelosigkeit in der lateinischen Westkirche zum Priesteramt dazu (und in den Ostkirchen m.W. nur zum Bischofsamt), so dass man parallel zur Gebetspflicht, der Gehorsamspflicht oder der Verpflichtung zum Streben nach Heiligkeit m.M.n. besser von der Zölibatspflicht sprechen sollte.

Die Umkehr der Wortbestandteile ist dabei nicht bloß rhetorischer Zinnober, sondern sie schiebt, wie ich sagen würde, auch den Fokus der Debatte in eine andere Richtung: Anstatt sich auf die sexuelle Enthaltsamkeit einzuschießen, die mit der (i.A. doch eher unangenehm konnotierten) Vorsilbe "Pflicht-" verknüpft wird, stehen hier die Aufgaben (Pflichten) des Priesters erstmal allgemein im Vordergrund, während der einleitende Bestandteil (Zölibat, Gebet, Gehorsam, ...) deren Konkretisierung anzeigt. So lässt sich dann viel besser Fragen: Gehört die Ehelosigkeit zum inneren Gehalt des Priestertums?

Ein paar unvollendete und unsystematische Gedanken:

Mittwoch, 1. September 2021

Wann beginnt menschliches Leben?

In der Frage nach dem Beginn des menschlichen Lebens - bisweilen auch "Hominisation", "Anthropogenese" oder "Menschwerdung" genannt - lassen sich im Groben zwei Betrachtungsweisen voneinander unterscheiden, auch wenn so eine Unterscheidung aus paläo- wie kulturanthropologischer Sicht mit guten Gründen kritisiert werden kann.

Zum einen steht der anatomisch moderne Mensch: Stammesgeschichtlich existierte der letzte gemeinsame Vorfahre zwischen der Entwicklungslinie, die zur einzig rezenten Art innerhalb der Familie der hominini (homo sapiens) führte, und der Entwicklungslinie, die zu rezenten Schimpansen und Bonobos führte, vor etwa 6 bis 7 Millionen Jahren. Der älteste fossile Beleg für die Species homo sapiens ist wiederum etwa 300.000 Jahre alt. 

Zum anderen steht der soziokulturell moderne Mensch: Ur- und frühgeschichtlich kann der Beginn der "Altsteinzeit" (Paläolithikum; ein Name, der letztlich mehr über das Erkenntnispotenzial der entsprechenden Wissenschaften verrät denn über die Zeit selbst) vor etwa zweieinhalb Millionen Jahren angesetzt werden; hier beginnt innerhalb derjenigen Entwicklungslinie, die zur rezenten Species homo sapiens führte, die Herstellung einfacher Werkzeuge aus Stein (in Kontrast zur bloßen Nutzung bestimmter Gegenstände als Werkzeuge). Das Jungpaläolithikum wird vor etwa 40.000 Jahren zeitgleich mit der Einwanderung des homo sapiens nach Europa angesetzt; um diese Zeit herum lässt sich in dieser Species erstmals Kunst in einem modernen Sinne nachweisen, insofern Höhlenmalereien und kleinere Artefakte erhalten sind. In ganz groben Strichen lässt sich schließlich zeitgleich mit dem Beginn des Holozän nach der letzten Kaltzeit vor etwa 12.000 Jahren auch (z.B. im Rahmen der Vorderasiatischen Archäologie) der Anfang einer menschlichen Kulturgeschichte im engeren Sinne ansetzen, die ein nach modernen Maßstäben "geschichtliches" Sozialverhalten kennt.

Soll also heißen: Innerhalb dieses Zeitraums - von vor etwa 6 bis 7 Millionen Jahren bis vor etwa 12.000 Jahren - beginnt irgendwann das menschliche Leben. Eine konkrete Antwort auf diese Frage ist natürlich immer auch abhängig davon, welche Gattungen und Arten aus der biologischen Familie der hominini die Fragestellerin unter dem weltanschaulichen Begriff "Mensch" subsumieren möchte und welche Kriterien zur Einhegung des Begriffs "Mensch" (Anatomie oder Sozialverhalten, Technik oder Kunst, etc.) verwendet werden sollen. 

Allerdings beschreibt eine paläo- und kultur-anthropologische Perspektive ja nicht alles; und meist ist die Frage nach dem Beginn des menschlichen Lebens auch ganz anders gemeint: Fast immer geht es den Fragestellerinnen nämlich um die Frage, wann ein Mensch als Individuum existenziell ins Dasein tritt. 

Donnerstag, 28. Januar 2021

Postmoderne Pirouetten: Intuitiv quergedacht

Wenn ich den Rückgriff auf die Intuition (oder auch auf Autoritäten) kritisiere, dann ist der Gegenstand meiner Kritik nicht, dass überhaupt oder grundsätzlich darauf zurückgegriffen wird. Im Gegenteil: Intuition ist (genau so wie der Verweis auf Autoritäten) bisweilen ein notwendiger Wegpunkt im intellektuellen Prozess und Diskurs, insofern sie bspw. einen sinnvollen Ausgangspunkt für das Denken bilden kann. Mit Friedrich Schleiermacher kann man hier z.B. den "divinatorischen Akt" nennen: also unsere Intuition, dass sich in der Welt, der wir begegnen, eine ganz andere personale Realität äußert, was letztlich den Einstiegspunkt in den hermeneutischen Zirkel markiert.

Was ich hingegen kritisiere ist, dass die beschriebenen Platoniker und Pythagoreer bei Intuitionen (und Autoritäten) stehen bleiben, dass der Diskurs sich also auf Intuition (und Autorität) reduziert. Das sieht man z.B. sehr schön, wenn bisweilen Hausärzte gegen Immunologen oder Epidemiologen gegen Ökonomen oder Soziologen gegen Psychologen etc. wie Pokémons gegeneinander in die Arena geworfen werden, um den Kampf auszutragen, ohne dass es dann wirklich darum ginge, was dieses oder jenes Pokémon denn eigentlich von sich gibt, weil es ja ausreicht, dass sie die je eigene Ansicht desjenigen vertreten, der sie in die Arena wirft.

Samstag, 16. Januar 2021

Postmoderne Pirouetten: Der intuitive Barabbas-Kult

An dieser Stelle sollte eigentlich ein Ausblick zum sozialen Frieden bzgl. der Pandemie in Deutschland kommen. Jüngste Ereignisse haben allerdings konkretes Anschauungsmaterial aus den USA geliefert, wo es im Zuge des faschistischen Putschversuchs - Referenz ist hier Italien im Oktober 1922 - um die selben Momenta und Dynamiken geht: